Pflege und Beruf vereinbaren

Pflegende Angehörige, die berufstätig sind, müssen zeitlich flexibel sein. Mitunter ist auch finanzielle Unterstützung gefragt, um Ausfälle auszugleichen. Entlastung versprechen zwei Gesetze: das Familienpflegezeitgesetz und das Pflegezeitgesetz. Alle rechtlichen Ansprüche, die Sie haben, finden Sie hier.
Eine junge Frau sitzt neben einem Bett und hält die Hand einer älteren pflegebedürftigen Frau.© AOK

Inhalte im Überblick

    Zehn Tage freigestellt für den Notfall

    Wird ein Familienmitglied plötzlich zum Pflegefall, können Sie sich einmalig bis zu zehn Tage unbezahlt von der Arbeit freistellen lassen, um die Pflege zu organisieren oder selbst zu pflegen. Bitte suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber.

    • Voraussetzung: Dieses Recht hat jeder Arbeitnehmer, unabhängig von der Größe des Betriebs.
    • Finanziell abgesichert: Sie können bei der Pflegekasse des pflegebedürftigen Angehörigen sogenanntes Pflegeunterstützungsgeld beantragen, um die zehn Tage finanziell abzusichern.

    Seit dem 1. Januar 2024 können pflegende Angehörige jedes Jahr eine unbezahlte Freistellung von bis zu zehn Arbeitstagen bei ihrem Arbeitgeber beantragen und für diese Zeit das Pflegeunterstützungsgeld beanspruchen.

    Pflegeunterstützungsgeld

    Das Pflegeunterstützungsgeld ist eine Lohnersatzleistung der Pflegeversicherung für entgangenes Arbeitsentgelt während einer kurzzeitigen Arbeitsverhinderung von bis zu zehn Tagen. Es steht allen Beschäftigten zu, die kurzfristig die Pflege eines nahen Angehörigen organisieren oder sie selbst sicherstellen müssen.

    Auf diese Weise können Arbeitnehmer akuten Pflegesituationen im Kreise naher Angehöriger nachgehen, Maßnahmen organisieren und müssen dabei nicht gänzlich auf Einnahmen verzichten. Angehörige erhalten diese Entgeltersatzleistung von der Pflegekasse der pflegebedürftigen Person.

    • Wer hat Anspruch auf den Bezug von Pflegeunterstützungsgeld?

      Pflegeunterstützungsgeld können grundsätzlich beanspruchen:

      • Arbeitnehmer,
      • Auszubildende,
      • Menschen mit einer geringfügigen Beschäftigung (monatlich bis 520 Euro) und
      • Rentner, wenn sie eine Beschäftigung ausüben und durch die Arbeitsverhinderung einen Verlust an Arbeitsentgelt haben.

      Selbstständige, Beamte und Arbeitslose haben hingegen keinen Anspruch auf den Bezug von Pflegeunterstützungsgeld.

      Als nahe Angehörige, die die Organisation der Pflege eines Familienmitglieds übernehmen und dafür das Pflegeunterstützungsgeld beanspruchen können, gelten insbesondere:

      • Eltern,
      • Großeltern,
      • Schwiegereltern,
      • Stiefeltern,
      • Ehegatten,
      • Lebenspartner,
      • Partner einer eheähnlichen und lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft,
      • Geschwister,
      • Schwägerinnen und Schwäger,
      • Kinder,
      • Adoptiv- und Pflegekinder,
      • Adoptiv- und Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners,
      • Schwiegerkinder und Enkelkinder.
    • Unter welchen Voraussetzungen erhalten Angehörige Pflegeunterstützungsgeld?

      Die Beschäftigten können das Pflegeunterstützungsgeld bei der Pflegekasse der pflegebedürftigen Person beantragen, wenn sie in demselben Zeitraum

      • keine Entgeltfortzahlung von ihrem Arbeitgeber erhalten,
      • kein Krankengeld oder Kinderkrankengeld bekommen und
      • kein Verletztengeld infolge eines früheren Unfalls beziehen.

      Wenn sich mehrere Beschäftigte um eine angehörige Person kümmern, teilt sich der Bewilligungszeitraum von höchstens zehn Tagen über alle Anspruchsberechtigten auf.

    • Wie beantragen pflegende Angehörige das Pflegeunterstützungsgeld?

      Der Antrag auf Pflegeunterstützungsgeld ist vom Arbeitnehmer unverzüglich und unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung über die plötzlich eingetretene Pflegebedürftigkeit der zu pflegenden Person bei der zuständigen Pflegekasse zu stellen.

      Die ärztliche Bescheinigung sollte folgende Angaben beinhalten:

      • Name der pflegebedürftigen Person
      • Zeitraum der voraussichtlichen Arbeitsverhinderung
      • Ärztliche Bestätigung der Pflegebedürftigkeit beziehungsweise der Notwendigkeit, die Pflege durch einen Angehörigen zu organisieren oder sicherzustellen

      Für die Beantragung können Sie ein Formular bei der Pflegekasse der zu pflegenden Person anfordern oder online herunterladen.

      Zu den Formularen & Anträgen der AOK
    • Wie hoch ist das Pflegeunterstützungsgeld für pflegende Angehörige?

      Grundlage für die Berechnung des Pflegeunterstützungsgeldes ist das ausgefallene Nettoarbeitsentgelt des Arbeitnehmers.

      Die Höhe des Pflegeunterstützungsgeldes als Lohnersatzleistung beträgt 90 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts. Gleichzeitig darf die Leistung 70 Prozent der aktuell geltenden kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung (2024: 5.175 Euro, also 172,50 Euro pro Tag) nicht überschreiten.

      Vom so errechneten Pflegeunterstützungsgeld gehen dann noch die Beiträge zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung ab. Der Arbeitnehmer zahlt jeweils die Hälfte. Nur bei geringfügigen Beschäftigungen (bis zu 538 Euro monatlich) übernimmt die zuständige Pflegekasse diese Beitragszahlungen vollständig.

      Das Pflegeunterstützungsgeld erhalten Arbeitnehmer einmalig für höchstens zehn Tage.

    • Meldepflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber

      Arbeitnehmer sind verpflichtet, dem Arbeitgeber unverzüglich ihre Abwesenheit mitzuteilen, wenn sie wegen einer akuten Pflegesituation in der Familie der Arbeit fernbleiben müssen. Dabei ist ihm auch die voraussichtliche Dauer mitzuteilen. Auf Verlangen ist dem Arbeitgeber eine ärztliche Bescheinigung über die plötzlich eingetretene Pflegebedürftigkeit der nahestehenden Person vorzulegen.

      Hat der Arbeitnehmer Pflegeunterstützungsgeld bewilligt bekommen, muss er dem Arbeitgeber unverzüglich eine Bescheinigung über den Bezug der Sozialleistung vorlegen. Diese Bescheinigung erhält der Arbeitnehmer mit dem Bescheid von der zuständigen Pflegekasse.

    Pflegezeitgesetz: bis zu sechs Monate zu Hause pflegen

    Sie können bis zu sechs Monate unbezahlt ganz oder teilweise aus dem Job aussteigen, um einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen zu Hause zu pflegen. Zu nahen Angehörigen zählen neben Ehe- und Lebenspartnern, Eltern, Großeltern und natürlich Kindern auch Stiefeltern sowie Schwägerinnen und Schwäger.

    • Voraussetzung: Sie arbeiten bei einem Arbeitgeber mit mehr als 15 Beschäftigten.
    • Finanziell abgesichert: Sie können ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragen, welches in Raten ausgezahlt wird.

    Familienpflegezeitgesetz: bis zu 24 Monate Pflegezeit bei reduzierter Arbeitszeit

    Wenn Ihr Angehöriger pflegebedürftig ist und Sie als Pflegeperson berufstätig sind, können Sie bis zu 24 Monate lang Ihre wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 15 Stunden reduzieren.

    • Voraussetzung: Sie arbeiten bei einem Arbeitgeber mit mehr als 25 Beschäftigten.
    • Finanziell abgesichert: Sie können ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragen, welches in Raten ausgezahlt wird.

    Familienpflegezeit-Rechner des Bundesfamilienministeriums

    Wie hoch das zinslose Darlehen zur Durchführung der Familienpflegezeit ist, ergibt sich aus der persönlichen Einkommens- und Lebenssituation des Antragstellers. Mit dem Familienpflegezeit-Rechner des Bundesministeriums für Familie, Frauen, Senioren und Jugend können Sie Ihren voraussichtlichen Darlehensanspruch berechnen.

    Begleitung in der letzten Lebensphase

    Pflegen Sie einen nahestehenden Menschen in seiner letzten Lebensphase, haben Sie Anspruch darauf, sich bis zu drei Monate vollständig oder teilweise von der Arbeit freistellen zu lassen. So können Sie für Ihren Angehörigen auf seinem letzten Weg da sein, selbst wenn er nicht zu Hause gepflegt wird, sondern im Krankenhaus oder in einem Hospiz. Dies gilt auch, wenn für ihn kein Pflegegrad festgestellt wurde. 

    • Voraussetzung: Sie arbeiten bei einem Arbeitgeber mit mehr als 15 Beschäftigten.
    • Finanziell abgesichert: Sie können ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragen, welches in Raten ausgezahlt wird.

    Im Bereich der Palliativpflege und Sterbebegleitung bietet die AOK diese Leistungen an.

    Flexibilität bei der Pflege

    Pflegezeit, Familienpflegezeit und die Begleitung in der letzten Lebensphase können je nach persönlicher Situation kombiniert werden, sofern für den Angehörigen ein Pflegegrad festgestellt wurde. Insgesamt dürfen Auszeit und Reduzierung der Arbeitsstunden aber nicht länger als zwei Jahre dauern.

    Kündigungsschutz während der Pflege

    Während der Pflege- und Familienpflegezeit sind Sie vor einer Kündigung geschützt. Der Kündigungsschutz besteht zwölf Wochen vor dem angekündigten Beginn bis zum Ende der Pflege- beziehungsweise Familienpflegezeit.

    Sozial abgesichert in der Pflegezeit

    Auch wenn Sie während der Pflegezeit keine Beiträge in die Renten-, Arbeitslosen- oder Kranken- und Pflegeversicherung einzahlen, bleibt Ihr Versicherungsschutz unter bestimmten Voraussetzungen erhalten.

    Private Pflegepersonen, die keine Einnahmen haben, bleiben sozial abgesichert. Diese Leistungen sind verfügbar.

    Neues Landesprogramm in Nordrhein-Westfalen

    Wer berufstätig ist, den stellt die Pflege von Angehörigen vor besondere Herausforderungen. Ein neues Landesprogramm in Nordrhein-Westfalen soll Abhilfe schaffen. Die AOK Rheinland/Hamburg und AOK NordWest sind aktiv beteiligt.

    Worum geht es?

    Deutschlandweit sind pflegende Angehörige das Rückgrat der Versorgung von Pflegebedürftigen. Allein in Nordrhein-Westfalen sind aktuell etwa eine Million Menschen pflegebedürftig. Der Großteil dieser Menschen wird daheim von ihren oft berufstätigen Angehörigen versorgt: Nach Schätzungen erfüllen derzeit etwa 500.000 Erwerbstätige zusätzlich zu Ihrem Beruf eine Pflegerolle.

    Hier setzt das neue Landesprogramm für Nordrhein-Westfalen an. Ziel der Initiative ist es, Berufstätigkeit und Pflege besser miteinander vereinbar zu machen. Erreicht werden soll das durch vielfältige Angebote sowohl für pflegende Angehörige als auch für ihre Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.

    Aktiv an diesem Programm beteiligen sich das Sozialministerium von Nordrhein-Westfalen, die Pflegeversicherung NRW, die AOKs Rheinland-Hamburg und NordWest, der Verein Unternehmer NRW sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) NRW. Das Programm wird zunächst für drei Jahre mit insgesamt 2,4 Millionen Euro gefördert.
    Wie hoch das Interesse dazu ist, bestätigen die folgenden Zahlen: Aktuell nehmen bereits mehr als 300 Unternehmen teil, seit Beginn wurden über 400 Pflegeguides ausgebildet.

    Stimmen zum Landesprogramm

    "Wir begrüßen das neue Landesprogramm sehr, denn es wird aufgrund der wachsenden Anzahl pflegebedürftiger Menschen zunehmend deutlich, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege für viele Beschäftigte eine Herausforderung darstellt. Mit unserem Betrieblichen Pflege-Guide beteiligen wir, die AOKs in Nordrhein-Westfalen, uns aktiv an diesem Programm",  erklärt Sabine Deutscher, Mitglied des Vorstandes der AOK Rheinland/Hamburg.

    Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann sagt: "Die Landesregierung hat die Wichtigkeit des Themas erkannt. Erstmals in einem Koalitionsvertrag haben wir uns darauf verständigt, dafür Konzepte zu erarbeiten, weil wir die Unterstützung der Familien bei der Pflege ihrer Angehörigen brauchen. Ich freue mich deswegen sehr, dass wir das Landesprogramm, gemeinsam mit Arbeitgebern und Gewerkschaften, an den Start bringen konnten."

    "Das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Pflege steht schon lange auf der Agenda der DGB-Gewerkschaften. In vielen Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen gibt es gute Lösungen für Pflegesituationen. Die Beratungsangebote des Programms Beruf und Pflege können darüber hinaus dazu beitragen, dass Beschäftigten im Pflegefall effizient geholfen wird", so Dr. Sabine Graf, stellvertretende Vorsitzende des DGB NRW.

    Betriebliche Pflege-Guides

    Die beiden AOK-Landeskassen in Nordrhein-Westfalen beteiligen sich über die Qualifizierung zum sogenannten "Betrieblichen Pflege-Guide" aktiv am Landesprogramm. Diese Pflege-Guides sind Beschäftigte eines Unternehmens, die nach ihrer Qualifizierung als Ansprechpartner zum Thema gelingender Vereinbarkeit von Beruf und Pflege eine kollegiale Beratung durchführen und zwischen dem Arbeitgeber und dem pflegenden Beschäftigten vermitteln. Unter anderem unterstützen sie Kollegen, geben erste Orientierung und leiten Informationen über externe Hilfs- und regionale Beratungsnetze weiter.

    Wer Betrieblicher Pflege-Guide werden möchte, der kann sich mit einer Online-Einstiegsveranstaltung von zwei Stunden, gefolgt von zwei ganztägigen Präsenzveranstaltungen qualifizieren. Nach drei bis vier Monaten gibt es online eine Follow-up-Veranstaltung, bei der Pflege-Guides ihre Erfahrungen austauschen können. Alle Kosten der Qualifizierungsmaßnahme werden von der AOK Rheinland/Hamburg und der AOK NordWest getragen.

    Es wird angestrebt, jährlich zehn dezentrale Qualifizierungs-Veranstaltungen für Betriebliche Pflege-Guides je AOK durchzuführen, insgesamt also 20 Veranstaltungen pro Jahr. In den nächsten Jahren soll ein landesweit flächendeckendes Angebot entstehen.
    - Teilnehmende Unternehmen: 300 (Stand: 20.11.2023)
    - Ausgebildete Pflegeguides: 417 (Stand 13.12.2023)

    Das BGF-Institut führt die Qualifizierungen im Rheinland durch. Auf der Website des Instituts finden Sie Informationen zu Terminen und Anmeldung:

    Zur Website des BGF-Instituts

    Zur Website Vereinbarkeit von Beruf & Pflege: Landesprogramm NRW

    Landesprogramm Vereinbarkeit Beruf & Pflege (PDF, 1.26 MB)

    Qualifizierung Betrieblicher Pflege-Guide (PDF, 1.06 MB)

    Weitere Informationen zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf

    Alle Informationen zum Thema finden Sie beim Bundesfamilienministerium. Hier gibt es auch ein Servicetelefon rund um das Thema Pflege.

    Leistungen der Pflegeversicherung im Überblick

    Bessere Vereinbarung von Familie, Pflege und Beruf (PDF, 643 KB)

    Aktualisiert: 23.02.2024

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